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Wiener Küche

Wer an Wien denkt, der denkt nicht nur an Burgtheater, Riesenrad und Schönbrunn, sondern unweigerlich auch an das kulinarische Angebot der Donaumetropole. Unvermeidbar bei der weltweit einzigen Stadt, nach der eine Küche benannt ist. Dabei hat es eine alteingesessene, unabhängige Wiener Küche niemals gegeben. Vielmehr sind die Wiener Spezialitäten inspiriert von allen österreichischen Nachbarländern, vor allem natürlich den kulinarischen Einflüssen der seinerzeit zur Donaumonarchie zählenden Ländern und Regionen.

So auch der prominenteste Vertreter der Wiener Küche. Vorfahre des Wiener Schnitzels ist nämlich das aus Italien stammende Cotoletta alla Milanese bzw. das spätere Piccata alla Milanese. In Österreich wird das hauchdünn plattierte Kalbsfleisch mit Semmelbröseln paniert, bei den Italienern darf auch der Parmesan nicht fehlen. Beide Varianten werden in reichlich heißem Fett ausgebacken. Beherrscht der Koch sein Handwerk, dann schmiegt sich die knusprige, goldgelbe Panade wunderbar wellig um das millimeterdünne Stück Fleisch.

Doch nicht immer wird Kalbsfleisch zum Schnitzel verarbeitet. Seit über 100 Jahren stammen die Schnitzel beim Figlmüller, der nach eigenen Angaben das beste Schnitzel in ganz Wien zubereitet, aus der Karreerose vom Schwein. Das Schweineschnitzel sei einfach saftiger als das Kalbsschnitzel, so die Begründung. Egal ob vom Kalb oder vom Schwein, als Beilage zählt nur ein Erdäpfelsalat bzw. ein Erdäpfel-Vogerl-Salat.

Wer sich nicht um den Hype des perfekten Schnitzels schert, der wird vielleicht eher Tafelspitz ordern. Es handelt sich um ein ganz bestimmtes Stück vom Rind, das mit Suppengrün in Wasser gekocht und schließlich in Scheiben geschnitten wird. Anders als zum Beispiel in Bayern wird der Tafelspitz in Wien häufig in der beim Kochen entstandenen Brühe serviert. Neben Apfel- oder Semmelkren, also geriebenem Meerrettich, der überhaupt eine wichtige Rolle in der Wiener Küche spielt, sind Kartoffeln in allen Variationen die typische Beilage. Außerdem wird eine Schnittlauchsoße gereicht. Auf dieses Gericht spezialisiert und sich damit einen Namen gemacht hat sich das Restaurant Plachutta, von dem es mittlerweile mehrere in Wien gibt.

Das Rindfleisch in der Wiener Küche eine lange Tradition hat, beweist auch das Wiener Saftgulasch, das seinen Ursprung in Ungarn hat. Der Kenner nimmt das Muskelfleisch von der Rinderwade (Wadschinken), dessen eiweißhaltiges Kollagen in der Knorpel- und Sehnenmasse sich bei langer, mäßiger Hitze zu Gelatine wandelt und den Saft auf ganz natürliche Weise zu einer dickflüssigen Soße bindet. Während die weitere Zutatenliste mit Zwiebeln (Menge entspricht idealerweise 80 Prozent vom Fleischanteil), Essig sowie Gewürzen wie edelsüßes Paprikapulver und Majoran verhältnismäßig bescheiden ist, bedarf es zur Zubereitung vor allem Zeit. Drei Stunden sollte das Gulasch bei schwacher Hitze köcheln. Danach darf es gern bis zu 48 Stunden ziehen und sein volles Aroma entfalten. Eins der besten Gulasche kann man im Kaffee Alt Wien verspeisen. Eine Wiener Variation ist übrigens das Fiakergulasch, das mit Gewürzgurke, Spiegelei und Würstel daherkommt.

Apropos Würstel. Die sind der Wiener Imbiss schlechthin und werden am Würstelstand gegessen. Hier kommen Banker und Bauarbeiter zusammen, treffen sich Bundeskanzler und Bürgermeister. Die Würstelbude ist Anlaufstelle in der Mittagspause und nach dem Konzertbesuch. Angeboten werden beispielsweise Frankfurter, die außerhalb von Österreich als Wiener Würstchen bezeichnet werden, Käsekrainer und Waldviertler. Dazu gibt es selbstredend Senf und die obligatorische Semmel.

Voll auf ihre Kosten kommen in Wien aber nicht nur Fleischfresser, sondern auch Naschkatzen. Kaum ein anderer Speisestil zählt so viele Mehl- und Süßspeisen wie die Wiener Küche. Wer in die österreichische Hauptstadt reist, der muss einfach Apfel-, Milch- und Topfenstrudel mit Vanillesoße essen, Dampfnudeln und Germknödel probieren, natürlich einen Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster genießen und Palatschinken mit Marillenmarmelade verspeisen. Naja, zumindest eins dieser legendären Gerichte, die gern auch mal das herzhafte Mittagessen ersetzen, ist Pflicht.

Unausweichlich ist in Wien auch die Sachertorte. Die kann man zum einen im berühmten Café des gleichnamigen Luxushotels ordern oder aber beim Hofzuckerbäcker Demel. Beide beanspruchen für ihre Torte das Prädikat "Original". Der Grund: Franz Sacher erfand die Torte 1832 im zarten Alter von 16 Jahren für Fürst Metternich und seine Gäste. Sein ältester Sohn Eduard optimierte das in Vergessenheit geratene Rezept während seiner Ausbildung in der Konditorei Demel. Zunächst wurde die Sachertorte dort angeboten, später auch im von Eduard Sacher gegründeten Hotel. Nach langen Streitigkeiten, wer den nun die Originaltorte verkauft, kam es 1963 zu einer außergerichtlichen Einigung: Dem Hotel Sacher wurde die Bezeichnung "Original Sacher-Torte" zugestanden, während Demel seine Torte mit einem dreieckigen Siegel mit der Aufschrift "Eduard Sacher-Torte" schmückte. Mittlerweile wird Letztere als "Demel's Sachertorte" verkauft.

Das es überhaupt zum Streit kam liegt an der großen Beliebtheit der Sachertorte. Sie gehört schließlich nicht nur zu jedem Wien-Besuch dazu, sondern ist auch ein gern gekauftes Mitbringsel für die Daheimgebliebenen. Für alle die nicht extra nach Wien reisen wollen wird die Sachertorte auch in alle Welt verschickt. Insbesondere für das Haus Sacher ist der Versand der Torte zur wichtigen Einnahmequelle geworden.

Wem das Tamtam um die Schokoladentorte mit Marillenmarmelade und Schokoladenglasur zu viel ist, dem bietet die Stadt auch eine Alternative. Im Hotel Imperial soll sich der Legende nach eine ganz ähnliche Geschichte wie damals im Sacher zugetragen haben. Die dort angebotene Imperial Torte soll nämlich von einem Küchenjungen namens Franz-Xaver Loibner anlässlich der Eröffnung des Hotels im Jahre 1873 zu Ehren seiner Majestät, Kaiser Franz Josef I., kreiert worden sein.

Wer bei den Parallelen der beiden Tortengeschichten noch an Zufall denkt, ist selber schuld. Rein geschmacklich muss sich aber auch die Imperial Torte, die unter anderem aus Haselnüssen, Schokolade und Marzipan besteht, nicht verstecken. Sie ist ebenfalls ein beliebtes Wiener Exportgut und anders als die Sachertorte, die auch von vielen Kaffeehäusern nachgebacken wird, gibt es die Imperial Torte nur im Café des Hotels.

Das Kaffeehaus übrigens ist nur eine von drei gastronomischen Institutionen, die Wien zu bieten hat. Ins Kaffeehaus geht, wer frühstücken will (Wiener Frühstück: Semmel, Butter, Honig oder Marmelade, weiches Ei, Kaffee oder Tee), nur eine Kleinigkeit wie Gulaschsuppe, Omelette oder Würstel essen möchte oder Lust auf etwas Süßes hat. Wer eine ordentliche Mahlzeit wünscht geht ins Beisl, das ein gutbürgerliches Gast- bzw. Wirtshaus ist. Ähnlich einer Kneipe oder einem Pub treffen sich die Wiener in ihren Beisln nicht nur zum Essen und zum Trinken, sondern auch zum diskussionsfreudigen Stammtisch.

Bleibt noch der Heurige, der seine Existenz der Tatsache zu verdanken hat, dass Wien die einzige Metropole der Welt ist, zu der ein nennenswertes Weinanbaugebiet zählt. Hier schenken die Winzer ihren eigenen Wein aus und servieren dazu kleine Köstlichkeiten. Wie das Beisl und das Kaffeehaus laden auch die Wiener Heurigen nicht nur zum Essen und Trinken, sondern auch zum Treffen und Verweilen ein.

Im Sommer bieten übrigens alle drei Gastronomieinstitutionen der Sonne zugewandte Außenplätze an, deren Gesamtheit als Schanigarten bezeichnet wird.