Vorwärts immer, rückwärts nimmer

Wenn Fluggesellschaften ganz legal bezahlte Flüge stornieren

publiziert am 06.11.2015 in Allgemeines | kein Kommentar

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Restaurant. Ihre Wahl fällt auf ein Drei-Gänge-Menü. Blöderweise ist die Vorspeise so gar nicht nach ihrem Geschmack. Kein Problem, Sie lassen sie einfach stehen und freuen sich auf das Hauptgericht. Doch während alle anderen am Tisch ihre Portion bekommen, schauen Sie ins Leere. Weil Sie die Vorspeise nicht gegessen haben, bekommen Sie vom Kellner keinen Hauptgang. Am Ende des Abends müssen Sie jedoch alle drei Gänge bezahlen.

Was absurd klingt, ist bei Fluggesellschaften Alltag. Reisende, die einen Hin- und Rückflug gebucht haben, den Hinflug nicht antreten, den Rückflug aber nutzen wollen, laufen Gefahr, nicht befördert zu werden. Häufig stornieren Airlines nämlich den Rückflug, wenn der gemeinsam gebucht Hinflug nicht genutzt wird. Und dass, obwohl beide Flüge wie üblich im Voraus bezahlt wurden.

Diese Praxis ist trotz offensichtlicher Ungerechtigkeit vollkommen legal, oft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt und von diversen Gerichten bestätigt. Mit diesem Vorgehen wollen Fluggesellschaften Überkreuzbuchungen verhindern.

Findige Sparer sollen ausgebremst werden

Die Preise für Flugtickets werden von einem geheimen Algorithmus errechnet, oft im Minutentakt. Diverse Kriterien bestimmen, wie teuer ein Flug letztlich wird. Dabei spielt auch eine Rolle, wie stark die Kaufkraft in den angeflogenen Ländern ist. Deshalb sind Flüge von Frankfurt nach Barcelona teurer, als beispielsweise von Athen nach Barcelona.

Findige Sparfüchse kommen da natürlich auf die Idee einen Flug von Athen über Frankfurt nach Barcelona zu buchen. Der ist trotz der größeren Entfernung häufig billiger. Statt nach Athen zu reisen, lassen sie die erste Teilstrecke einfach verfallen und steigt am Drehkreuz Frankfurt zu.

Beliebt sind solche Methoden auch bei Geschäftsreisenden, die sehr zeitnah wieder zurückreisen, manchmal sogar am selben Tag. Solche nah beieinanderliegenden Flüge sind teuer, im Gegensatz zu Angeboten für die Touristen, die ein oder zwei Wochen vor Ort bleiben und dann erst zurückfliegen. Deshalb würde so mancher Geschäftsmann gern zwei Hin- und zwei Rückflüge buchen und bezahlen, aber nur die Hälfte der Flüge antreten.

Doch genau diese Spartricks wollen viele Airlines unterbinden, egal wie ärgerlich das für die Kunden ist. Denn stornierte Rückflüge werden natürlich wieder verkauft. Und so kann es sein, dass im Flugzeug kein Platz mehr frei ist, selbst wenn man bereit wäre ein drittes Ticket zu kaufen, um pünktlich nach Hause zu kommen.

Mischkalkulationen machen Flüge rentabel

Betrachtet man die Angelegenheit aus der Perspektive der Fluggesellschaften, kann man dafür durchaus auch Verständnis aufbringen. Schließlich rentiert sich ein Flug erst durch eine Mischkalkulation. Die mit billigen Tickets angelockten Städtereisenden werden durch die kurzfristig gebuchten und deshalb teuren Tickets der Geschäftsreisenden subventioniert. Würden sich nun alle der geschilderten Sparmethoden bedienen, wäre der Flug nicht mehr rentabel. Als Folge müsste der Ticketpreis für alle steigen. Preissensible Kunden würden aber dann zur Konkurrenz abwandern, das Flugzeug wäre nicht ausgelastet, der Flug wieder unrentabel.

Aus Sicht der Kunden ist die Praxis natürlich dennoch mehr als fraglich. Aus diesem Grund landete sie schon häufig vor Gericht. Zwar wurde sie nie vollständig gekippt, aber dann doch etwas entschärft. So hat der Bundesgerichthof beispielsweise entschieden, dass Passagiere sehr wohl beanspruchen können, nur den Fernflug, nicht aber den Zubringer zu nehmen, „wenn er sich wegen einer Terminplanung bereit am Abflugort für den Fernflug oder in dessen Nähe befindet.“

Dieses Urteil jedoch verpflichtet die Airlines lediglich zu einer milderen Regelung, die den Fluggast gegebenenfalls zur Zahlung eines höheren Flugpreises verpflichtet, wenn die Beförderung nur auf Teilstrecken erfolgt. Viele Fluggesellschaften bieten nämlich flexible Tarife an, in denen die einzelnen Segmente nach Belieben abgeflogen werden können. Im Gegensatz zu den restriktiveren Standardtarifen sind diese Tarife allerding sehr viel teurer. Die Differenz kann die Fluggesellschaft beim Wegfall einer Teilstrecke verlangen.

Bevor Sie also mit dem Gedanken spielen, durch das bewusste Weglassen bestimmter Flüge die Reisekasse zu schonen, sollten Sie sich im Vorfeld ganz genau über die Bestimmungen der jeweiligen Airline informieren. Denn was nicht angetretene Hinflüge oder Teilstrecken angeht, gibt es bei den Fluggesellschaften kein einheitliches Verhalten und eben auch keinen Automatismus. Es kann klappen, muss aber nicht. Immerhin Pauschalreisende haben nichts zu befürchten, wenn sie ihren Hinflug nicht antreten.

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