„Meine Augenblicke“

BVG verkuppelt Fahrgäste

publiziert am 22.08.2013 in Berlin, Mobilität | 2 Kommentare

Für die meisten Menschen ist es ohnehin schon Überwindung pur, einen ins Auge gefassten Mitmenschen anzusprechen, den man besser kennenlernen möchte. Findet diese schicksalhafte Begegnung nun auch noch in einem öffentlichen Verkehrsmittel statt, steht nicht nur die eigene Schüchternheit, sondern auch das ungeschriebene Gesetz, das Kommunikation in Schnell-, Straßen- und Untergrundbahnen zu verbieten scheint, im Weg. Weil sich aber gerade diese täglich von Millionen Menschen genutzten Fortbewegungsmittel dank der dort herrschenden Langeweile zur ausgiebigen Musterung der Mitreisenden anbieten, verlieren sich hier Tag für Tag Menschen aus den Augen, die vielleicht füreinander bestimmt waren.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen mit dem kostenlosen Service „Meine Augenblicke“ all jenen Fahrgästen eine zweite Chance geben, die sich ob ihrer falschen Zurückhaltung schon auf der Rolltreppe Richtung Tageslicht in den Allerwertesten beißen wollten. Wer nicht den Mut besaß seine Begegnung anzusprechen, kann auf dem Internetangebot der BVG nach ihr fahnden. Dafür muss der magische Moment lediglich schriftlich festgehalten werden. Die BVG veröffentlicht ihn mit Angabe des Datums, der Uhrzeit und der Verkehrsverbindung im Internet, wo er von allen Interessierten gelesen werden kann. Fühlt sich jemand angesprochen, kann er mit dem Autor Kontakt aufnehmen.

Der „Verkupplungsservice“ der Verkehrsbetriebe kann bereits Erfolge nachweisen. Antonia und Tommy beispielsweise fuhren zehn Minuten gemeinsam in der Straßenbahn, tauschten dabei Blicke aus und schenkten sich Gegenseitig ein Lächeln. Den anderen anzusprechen traute sich jedoch keiner von beiden. Als Tommy sich aufs Aussteigen vorbereitet, denkt er: „Wenn ich mich umdrehe und sie jetzt noch guckt, dann schreibe ich was auf die BVG-Plattform.“ Im selben Moment denkt sich Antonia: „Wenn er sich noch mal nach mir umdreht, dann lächle ich.“ Genauso ist es gekommen. Zu Hause angekommen setzt sich Tommy gleich an den Computer und schreibt eine der kürzesten Gesuche, die bei „Meine Augenblicke“ je verfasst wurden: „Pinkes Haar – und ein echt schönes Lächeln.“ Heute sind Antonia und Tommy ein glückliches Paar, dank der BVG.

Auf die Idee für diese Aktion kam die BVG aufgrund der regelmäßigen Anrufer, die verzweifelt auf der Suche nach den vielsagenden Blicken, dem charmanten Lächeln oder der freundlichen Verabschiedung in den Berlinern Verkehrsmitteln waren. Mittlerweile wurden deutlich über 10.000 „Kontaktanzeigen“ aufgegeben. Auch wenn bei Antonia und Tommy eine verhältnismäßig wortkarge Botschaft zum Happy End führte, sind es in der Regel die detaillierten Beschreibungen, die Aussicht auf Erfolg versprechen. Wer seine Begegnung genau schildert, hat selbst bei täglich über zwei Millionen Fahrgästen die Chance auf ein Wiedersehen.

KommentareFeed

  1. Birgitt Tiebusch
    kommentierte am 8. Dezember 2015 um 21:03 Uhr Uhr

    Am 05.12.2015 in der ODEG von Lichtenberg nach Falkensee habe ich so ein charmantes Dauerlächeln empfangen und konnte nicht anders als es zurück zu senden. Der Herr saß mir eine Sitzgruppe weiter, gegenüber. Ihm gegenüber saß ein Junge mit welchem er sich unterhielt. Und in Spandau war dann leider für den Herrn Endstation. Er stieg mit dem Jungen (ca. 12 – 13 Jahre) aus. An mir vorbei gehend kam dann ein nettes „Tschüß“, welches ich erwiderte. Ich hatte den ganzen Tag über ein regelrechtes Glücksgefühl. Das Lächeln wollte gar nicht mehr aus meinem Gesicht. Es wäre zu schön, wenn ich ihn noch einmal sehen könnte. Ich bin die Frau mit Lesebrille auf der Nase, Buch, grauer Jacke.

  2. METROPOLEN.DE
    kommentierte am 11. Dezember 2015 um 12:48 Uhr Uhr

    Liebe Frau Tiebusch,

    wir hoffen Sie haben Ihr Gesuche auch auf dem Portal der BVG veröffentlicht. Dort ist die Chance, dass der Mann, der Ihnen solch beneidenswerte Glücksgefühle beschert hat, auch nach Ihnen sucht, deutlich größer. Sollte sich der „Unruhestifter“ dennoch bei uns melden, dann verkuppeln wir natürlich gern. Wir drücken ganz fest die Daumen!