Köln (nicht nur) für Anfänger

Ein Besuch im Kabarett-Theater Klüngelpütz

publiziert am 03.05.2012 in Köln, Rezensionen | kein Kommentar

Man könnte es fast übersehen, das unscheinbare Kabarett-Theater, das lediglich durch einen rot leuchtenden, nicht allzu großen Neonschriftzug an der Hauswand mit der Nummer 24 auf sich aufmerksam macht. Ein neben der roten Eingangstür hängendes Plakat weist auf das aktuelle Programmangebot hin. Öffnet man die schwere Holztür, geht es einige Stufen hinab in einen kargen Vorraum, dessen einziger Nutzen das Lagern von Getränken scheint. Wer unbeschadet im Theater ankommen will, der sollte den Kopf einziehen während er hinab in die Kellerräume des alten Hauses steigt.

Eine weitere Tür später steht man bereits im Eingangsbereich des Kabarett-Theaters Klüngelpütz. Der erste Blick fällt auf den Tresen am Ende des Raums, der Bar, Garderobe und Kasse in einem ist. Hier wird serviert, was sich in der Getränkebranche als Alternativ bezeichnet: Afri-Cola, Bionade und Hellers Kölsch.

Unsere zuvor per E-Mail bestellten Karten bezahlten wir ganz unkompliziert an der Kasse und spazierten hinein in den kleinen Theatersaal. Etwa zehn Reihen mit jeweils bis zu neun rot gepolsterten Stühlen werden von einem Mittelgang getrennt. Zwischen die Stühle wurden immer wieder ein paar kleine Tische gemischt, gerade so, dass dort jeder seine Getränke abstellen kann. Die Wände sind, wie so vieles im Klüngelpütz, in warmem Rot gehalten. Schmale Spiegel sollen den intimen Saal vergrößern. Über der leicht erhöhten Bühne brummt die alte Klimaanlage, die während der Vorstellung ausgeschaltet wird. Die Scheinwerfer sind an Rohren angebracht. Auf der kleinen Bühne steht ein Klavier, ein Mikrofon, ein Notenständer und ein Barhocker.

Die Vorstellung „Kölsch (nicht nur) für Anfänger“ begann pünktlich um 20:30 Uhr, auch wenn einige Plätze an diesem Samstagabend freiblieben. Marina Barth und Joachim Jezewski betreten die von keinem Vorhang verhüllte Bühne. Während Jezewski den Platz am Klavier einnimmt, stellt sich Hausherrin Barth vor das fast schon überflüssig scheinende Mikrofon. Die Betreiberin von Kölns ältester Kabarettbühne mit eigenem Ensemble begrüßt ihre Zuschauer herzlich und läutet mit einem Donnerschlag ihr Programm ein.

Was eigentlich als Sommerprogramm für Touristen gedacht war, entwickelte sich zum Dauerbrenner. „Köln (nicht nur) für Anfänger“ wurde seit der Premiere am 8. August 2009 weit über 60 Mal aufgeführt.

Im ersten Teil der knapp zweistündigen Aufführung inkl. Pause widmet sich Marina Barth vor allem dem Kölschen Klüngel, dessen Phänomen mit einem Streifzug in die Stadtgeschichte erklärt wird. Ob Alfred Neven DuMont, der KVB-Vorstand oder die Dynastie der Oppenheims – jeder, der in Köln etwas zu sagen hat, bekommt sein Fett weg. Barth gelingt es die allzu oft fragwürdigen Machenschaften der Mächtigen humorvoll zu inszenieren. Dafür bedient sie sich gerne italienischer Klassiker, die mit neuem Text bestückt zu Hymnen des Kölschen Klüngel werden. Wenngleich nicht jeder Ton sitzt und auch nicht jeder Fremde alle besprochenen Personen kennt, so schafft es Frau Barth ihre Zuschauer durchgehend zum Schmunzeln zu bringen.

Das „kölsche Jeföhl“ steht im Mittelpunkt der zweiten Hälfte. Nein, die Kölner sind nicht korrupt, sie sind lernfähig. Natürlich nicht chaotisch, sondern kreativ. Stur sind sie auch nicht, sondern durchsetzungsfähig. Die Kölner glauben immer noch, dass alle wichtigen Männer Schnäuzer tragen, BAP eine Rockband ist und der 1. FC Köln ein Spitzenverein. Bei den Spielen ihres Fußballvereins verstehen es die Fans zu jubeln und zu heulen, zu singen und zu tanzen. Dem Spiel selbst schenken sie jedoch wenig Beachtung.

Das kurzweilige Programm, frei von platten Klischees aber auch tränenden Höhepunkten, endet mit dem Beweis, dass Marina Barth doch der kölschen Mundart mächtig ist. Mit den unverblümten Worten „Nu faaaaaaahr doch! Wat is dat für n Apperaider da fürn? Jetzt jank doch Heim do! Aber selbst do bist zu deemlisch!“ macht die zierliche Dame mit gewaltiger Stimme einen waschechten Kölner nach, dem beim Anblick eines fremden Nummernschildes die Sonne im Herzen aufgeht.

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